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Nachhaltige Entwicklung – kritische Reflexion und ganzheitliche Betrachtung

Julia Blanc, Dr. Annekatrin Meißner (Universität Passau)

Verankerung von Nachhaltigkeitswerten - Slot 1 | 07.10.2024, 14.30 Uhr

Forschungsfrage: In Bezug auf welche Aspekte bedarf es einer Ergänzung, Erweiterung und Präzisierung des Konzepts von nachhaltiger Entwicklung?
Nachhaltige Entwicklung begegnet uns nicht nur in akademischen Debatten, sondern zunehmend in den täglichen Nachrichten und auf verschiedenen Social-Media-Kanälen. Im Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung stellt sich damit auch ganz konkret die Frage nach der Auseinandersetzung mit Konzepten und Verständnissen, die hinter diesem Begriff stehen, denn das Verständnis dessen, was nachhaltige Entwicklung ausmacht, ist keineswegs einheitlich. Gerade im Bildungsbereich ist es daher entscheidend, Kompetenzen zur Reflexion bestehender Definitionen zu vermitteln sowie die Fähigkeit diese kritisch zu hinterfragen und zu diskutieren. Auf globaler Ebene bietet die Definition der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) von nachhaltiger Entwicklung als "Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen" (WCED 1987: 41) eine erste gemeinsame Grundlage, ebenso wie die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (2015), die aus 17 Zielen und 169 Vorgaben in den Bereichen Menschen, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft bestehen. In der Wirtschaft hat sich mit Elkingtons (1994) Konzept der Triple Bottom Line ein Erfolgsmaßstab etabliert, der neben ökonomischen auch ökologische und soziale Aspekte umfasst. Im Rahmen unseres Vortrags möchten wir zwei Aspekte unserer Forschung vorstellen, die bislang in der Diskussion um Bildung für nachhaltige Entwicklung noch wenig präsent sind:
Zum einen handelt es sich dabei um die Kritik an der Gleichrangigkeit der drei Bereiche: ökologisch, ökonomisch, sozial. Diese wird zunehmend von unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen kritisch hinterfragt und davon ausgehend alternative Konzepte entwickelt. Der Umweltethiker Konrad Ott vertritt mit seinem Konzept der starken Nachhaltigkeit ein Verständnis nachhaltiger Entwicklung, bei dem Naturkapital nicht beliebig substituierbar ist (Ott 2020) und die Ökonomin Kate Raworth hat mit dem Konzept der Donut-Ökonomie ein Verständnis nachhaltiger Entwicklung ausgearbeitet, welches darauf abzielt, dass Wirtschaften und Leben innerhalb der planetaren Grenzen (Rockström et al. 2009, Steffen et al. 2015, Richardson et al. 2023) und oberhalb eines gesellschaftlichen Minimums für alle Menschen stattfindet (Raworth 2017).
Zum anderen hat sich der Diskurs über das Verständnis und die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung bisher vor allem auf die externen Aspekte der Nachhaltigkeitstransformation konzentriert und dabei den internen Bewusstseinswandel, in Form von Werten, Einstellungen, Haltungen und religiösen/spirituellen Anschauungen des Menschen vernachlässigt. Die aktuell noch wenig bekannte Forschung zu den Inner Development Goals (Ankrah et al. 2023) sowie zum SDG 18, welches den Namen Bewusstseinswandel trägt (https://sdg18.de), betont die Relevanz der gleichzeitigen inneren und äußeren Entwicklung für eine ganzheitliche Perspektive auf nachhaltige Entwicklung.
Im Rahmen unseres Vortrags greifen diese beide Forschungslücken auf und beachsichtigen damit Impulse zur Kompetenzentwicklung in Hinblick auf eine kritische Auseinandersetzung mit dem Verständnis von nachhaltiger Entwicklung für den Bereich BNE zu geben.

Literatur:

Ankrah, Doreen; Bristow, Jamie; Hires, Daniel; Henriksson, Jan Artem 2023: Innere Entwicklungsziele: vom inneren Wachstum zum äußeren Wandel, journals.openedition.org/factsreports/7326 (abgerufen 2024, 9. Januar).


Elkington, J. 1994: Towards the Sustainable Corporation: Win-Win-Win Business Strategies for Sustainable Development. California Management Review, 36, (2), 90-100.

Ott, Konrad 2020: Nachhaltigkeit, in: L. Heidbrink et al. (Hrsg.), Praktische Wirtschaftsphilosophie, Handbuch Wirtschaftsphilosophie, doi.org/10.1007/978-3-658-22141-6_23-1, S. 305-320.


Raworth, Kate 2017: Doughnut Economics. Seven Ways to Think Like a 21st-Centura Economist, London.
Richardson, Katherine et al. 2023: Earth beyond six of nine planetary boundaries, in: Science Advances 9, eadh2458.
Rockström, Johan et al. 2009: A safe operating space for humanity, in: Nature 461, 472–475.

Steffen, Will et al. 2015: Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet, in: Science 347, 1259855, DOI: 10.1126/science.1259855.

Vereinte Nationen 2015: Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development, sdgs.un.org/2030agenda, (abgerufen 2024, 9. Januar).


Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1987: Our Common Future, www.un-documents.net/our-common-future.pdf (abgerufen 2024, 9. Januar).

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