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Transformatives Lernen für eine nachhaltige Zukunft mithilfe von Real-Projekten – Auf der Spur von Gelingens- und Misslingens-Faktoren

Nina Friese; Janina Tosic (Hochschule Ruhr West)

Handeln für Nachhaltigkeit Slot 1 | 09.10.2024, 12.45 Uhr

Forschungsfrage: Welche Faktoren beeinträchtigen bzw. fördern transformatives Lernen im Sinne ei-ner Erweiterung von individuellen Bedeutungsperspektiven (Vgl. Mezirow 1991) und Handlungsmög-lichkeiten bei Lernenden?


Mittels fünf Hypothesen über die befähigenden und hemmenden Faktoren im Zuge des transformati-ven Lernens in Real-Projekten wird sich der Forschungsfrage angenähert.
1. Transformatives Lernen hängt von individuellen habitualisierten Werten, Normen und Denk-perspektiven hab. Eine Irritation, die transformatives Lernen auslösen soll, hat unterschiedli-che Wirkungen auf die jeweiligen Lernenden in einer Gruppe.
2. Gruppendynamische Prozesse haben einen Einfluss auf das Gelingen bzw. Misslingen transfor-mativer Lernprozesse.
3. Ein vertrauensvolles Verhältnis zu einer empathischen Lehrperson fördert Transformatives Lernen.
4. Ein regelmäßiger Kontakt zur Lehrperson mit Feedback dient als „Anker“, der Transformatives Lernen befördert.
5. Eine klare rahmengebende Struktur hilft die Unsicherheiten des Transformativen Lernprozes-ses auszuhalten.
Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse aus qualitativen Befragungen von Lehrenden und Studieren-den und Literaturrecherchen werden in dem Vortrag dargestellt und anschließend diskutiert.
Die Hochschule Ruhr West hat das Gründungsziel einen zentralen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des westlichen Ruhrgebiets zu leisten. Das heißt, dass die Studierenden im Studium lernen sollen, sich in einer sich wandelnden Welt permanent und schnell anpassen zu können und dabei handlungskompe-tent zu bleiben. Studierende müssen neben fachlichem Wissen eine Vielzahl an Zukunftskompetenzen entwickeln, die zugleich dazu beitragen, das Denken und Handeln an einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft auszurichten. Denk- und Handlungsräume sollen sich durch das Studium in diesem Sinne positiv erweitern.
Mezirows Lerntheorie des Transformativen Lernens (Vgl. Mezirow 1991, 2009) zeigt einen idealtypi-schen Weg zur Transformation von in der Kindheit und Jugend habitualisierten Rahmungen und Be-deutungsperspektiven, die die Identität geformt haben und das Denken und Handeln bestimmen. So ist die Tatsache, dass wir in einer vom Kapitalismus geprägten Konsumgesellschaft leben, die auf Aus-beutung von Natur und Menschen in der südlichen Hemisphäre beruht, Normalität und häufig nicht bewusst. Wird dieser Fakt durch eine Irritation bewusst gemacht und die Sinnhaftigkeit der Norm in Frage gestellt, kann transformatives Lernen angeregt werden. Solche tiefgreifenden Transformations-prozesse sind nötig, um eine Bildung für nachhaltige Entwicklung bei Erwachsenen zielführend umzu-setzen. Um ein Umdenken in der Gesellschaft zu erreichen, müssen als normal erachtete Denkmuster und Normen, in Frage gestellt werden.
Das studentische Lernen in Reallaboren wird als geeignet angesehen, transformatives Lernen für eine nachhaltige Entwicklung zu fördern (Vgl. Singer-Brodowski 2016, Bormann 2022, Taylor 2012), wenn Studierende im Lernprozess mit Personen und deren Werten, Normen und Einstellungen zusammen-kommen, die ihnen selbst fremd sind. Studierende machen Erfahrungen, die bei ihnen Irritationen aus-lösen, weil sie z.B. das Problem oder eine Einstellung nicht mit ihren bisherigen Erfahrungen, dem ei-genen Wertesystem oder der eigenen Art zu denken in Verbindung bringen können. Solche Irritationen lösen Gefühle aus, welche den Startpunkt zum transformativen Lernen oder aber die Abwehr der Be-schäftigung mit der „Bedrohungslage“ darstellen können.
Aus Beobachtungen und qualitativen Interviews zeigt sich, dass in jedem dieser Projekte ein Teil der Studierenden eine deutliche Erweiterung der bisherigen Denk- und Verhaltensmuster wahrnimmt, ein Indiz für transformatives Lernen, während andere sich komplett aus dem Kursgeschehen zurückziehen. Dies ist abhängig auch vom Agieren der Lehrperson.
In dem Vortrag werden die bisherigen Studienergebnisse vorgestellt und im Weitern für die Diskussion die Frage aufgeworfen, wie die persönliche Entwicklung bei der Bewertung studentischer Leistungen angemessen berücksichtigt werden kann.

Literatur:
Bormann, Inka, et. al. (2022): Transformatives Lernen durch Engagement – Soziale Innovationen als Impulsgeber für Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Abschlussbericht. Texte 54/2022. Bundesumweltamt.
Mezirow, Jack (1991): Transformative Dimensions of Adult Learning
Mezirow Jack, Taylor, Edward W., et. al. (2009): Transformative Learning in Practice. Insights from Community, Workplace, and Higher Education. San Francisco. CA: Jossey-Bass
Singer-Brodowski, Mandy (2016): Studierende als GestalterInnen einer Hochschulbildung für nachhal-tige Entwicklung. Selbstorganisierte und problembasierte Nachhaltigkeitskurse und ihr Beitrag zur überfachlichen Kompetenzentwicklung Studierender. Band 8. Umweltkommunikation. BWV
Taylor, Edward W., Cranton, Patricia, et al. (2012): The Handbook of Transformative Learning Theory, Research, and Practice San Francisco, CA: Jossey-Bass

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